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Dass am Abend des 14. Dezember 1872 in einer Gaststätte
das erste Kapitel eines klingenden Stückes Stadtgeschichte
aufgeschlagen wurde, konnten zu jener Zeit nur die wenigsten ahnen. Just
an diesem Tag gründeten sangesfrohe Bürger einen weltlichen Chor,
dessen Name Programm und Markenzeichen zugleich werden sollte: Männergesangsverein
"Harmonie". Als erster Präsident durfte H. Nübel den Ton
angeben und die Geschicke der fünfzig aktiven Sänger leiten. Als
Dirigent fungierte der Lehrer Reppel.
In den ersten Jahren seines Bestehens wartete der Chor bei festlichen
Anlässen mit Gesangsstücken auf, bevor er 1876 mit einem größeren
Konzert an die Öffelntlichkeit trat. Im gleichen Jahr folgte ein Wohltätigkeitskonzert,
dessen Erlös denjenigen zugute kam, die beim verheerenden
Rheinhochwasser zwischen dem 11. und 18. März 1877 Schaden erlitten
hatten. Dieses Bestreben der "Harmonie", nicht nur zur
allgemeinen Freude, sondern auch zum materiellen Nutzen hilfsbedürftiger
Mitbürger zu singen, sollte fortan eine führende Rolle im Leben der
Chorgemeinschaft spielen.
So erfolgreich der Männerchor ins 20. Jahrhundert gekommen war, so ernüchternd
waren nun die Vorfälle der folgenden Jahre: Im Mai 1914 starb der langjährige
Dirigent Dr. med. Claus. Auch seinem Nachfolger, Brauch, einem Lehrer an
der ev. Volksschule, der bereits 1911 den Taktstock von Claus übernommen
hatte, blieben nur wenige Jahre als Dirigent. Kurz nach Ausbruch des
Ersten Weltkriegs musste er sein Leben an der Front lassen. Ohnehin lähmte
der Krieg das Vereinsleben der "Harmonie", da viele Sänger
zum Wehrdienst eingezogen wurden. Nach dem Ende des Krieges wurde
schnell der Wunsch laut, sich wieder dem geselligen Leben zu widmen. So
fanden sich auch die "Harmonisten" im alten Vereinsrestaurant
Sommer ein, um dem Chor neues Leben einzuhauchen. Aufgrund früherer
Verdienste um die "Harmonie" wählten die Sänger ihren Mitbürger
Wilhelm van der Ven zum neuen Vorsitzenden. Das Dirigat übernahm Lehrer
Ahrenhoevel, dem aber bald Johannes Siebers aus Mehr folgte.
Voll entfalten konnte sich der Chor aber erst, als die Familie Dresen im
Frühjahr 1919 das Restaurant Sommer übernahm und einen größeren Saal
baute. Mit einer glanzvollen Feier zum goldenen Jubiläum im Sommer 1922
krönte die "Harmonie" ihre Reihe erfolgreicher Konzerte.
Einen ganzen Tag lang wurde Rees zu einer singenden und klingenden
Stadt, 16 Chöre aus Rees und der Nachbarschaft nahmen an diesem
Ereignis teil.
In Wilhelm van der Vens große Fußstapfen trat Hans Kempkes, der Sohn
einer musikpflegenden Reeser Familie, dessen Vater, Johann, zu den Gründern
der Harmonie gehört hatte.
Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, war das vorläufige Ende des
traditionsreichen Männergesangvereins "Harmonie" besiegelt.
Am 8. Mai 1945 verstummten endlich die Waffen, doch Rees war eine
einzige Trümmerwüste. Viele Männer waren gefallen, andere in
Gefangenschaft oder fern der Heimat. Wer hatte inmitten der restlos
zerstörten Stadt noch Sinn und Kraft, sich geistigen Werten zu widmen?
Wer wollte sich nach all dem Leid und Elend zum fröhlichen Singen
zusammenfinden? Auch das Rheinhotel Dresen, in dem die Sänger 28 Jahre
lang geprobt und so manches Konzert gegeben hatten, war beim Untergang
von Rees am 16. Februar 1945 vollkommen zerstört worden. Sämtliches
Notenmaterial war verbrannt, aber der Geist der "Harmonie" war noch
lebendig. Die erste inoffizielle Zusammenkunft der Sänger war dennoch
ein trauriger Anlass. Ihr Vereinswirt, Heinrich Dresen, der während des
Krieges an der Krim gekämpft und unversehrt den Weg nach Hause gefunden
hatte, starb im Sommer 1946. Nach der Totenmesse in der Notkirche, die
im Hotel Holzum untergebracht war, schlugen einige Bürger dem früheren
Schriftführer Franz Belting vor, den verbliebenen Stamm der "Harmonie zu
einer Neubelebung des Chores einzuladen. Denn sie waren der festen Überzeugung,
daß es sich lohne, an die lebendigen musischen Kräfte im Volk zu
glauben. Gesagt, getan: In Hugo Brauers Gaststätte an der Weseler Straße
fanden sich am 18. Oktober 1946 zwanzig Mitglieder zu einer ersten
Besprechung ein. Durch eine spontane Sammlung unter den Sängern wurde
ein 70 Mark starker Grundstock für eine Kasse gelegt. Für 20 Mark im
Monat zeigte sich der damalige Leiter des Kirchenchores, Gerhard Brey,
bereit, sein Taktgefühl auch in den Dienst des wiederbelebten Männerchores
zu stellen. Dank guter Kontakte zum Quartettverein Millingen gelang es
dem rührigen Chorleiter sogar, Noten für die "Harmonie" zu besorgen.
Nachdem man sich darauf einigte, das Dirigat dem neuen Leiter des
Katholischen Kirchenchores, Theo Koppers, zu übertragen, wusste dieser
mit jugendlichem Schwung und moderneren Anschauungen die Sängerschar für
neuzeitliches Liedgut zu begeistern, so daß der Chor 1951 nicht nur
beim Leistungssingen in Emmerich mit seinen Darbietung für Aufsehen
sorgte. Die "Harmonie" war damals der älteste Chor im alten Kreis Rees,
bestand nur aus 28 Sängern und kam dennoch mit einem Pokal nach Hause.
Im Jahre 1952 konnte der Chor in sein neues Quartier in den "Rheinterrassen
Driftmeier" beziehen, wo auch heute noch wöchentlich geprobt wird. In
den folgenden Jahren wurden eine Vielzahl gelungener Konzerte durchgeführt.
1959 nahm Karl-Heinz Lehmann den Taktstock in die Hand und führte Theo
Koppers´ Arbeit mit Zielstrebigkeit und Kompetenz fort. Aus den vier
Wochen , die Lehmann den Chor vertretungsweise leiten sollte, wurden am
Ende nahezu 34 Jahre, in denen sich die kulturellen und
gesellschaftlichen Unternehmungen der "Harmonie" in ihrer vollen Pracht
entfalten sollten.
1971 wurde der Männergesangsverein offiziell als "Männerchor Harmonie
Rees" ins Vereinsregister eingetragen.
Wann immer es in Rees ein freudiges oder bewegendes Ereignis zu feiern
galt, verzichteten die Sänger spontan auf ein Dach über dem Kopf und
sangen unter freiem Himmel. So etwa bei den Einweihungen der
Bronzeplastiken "Rhinkieker", "Froschkönig" und
"Bär am Bärenwall", die der Verkehrs- und Verschönerungsverein
der Bevölkerung geschenkt hatte, oder bei der Taufe des
Fahrgastschiffes "Stadt Rees", sowie bei der
Wiederinbetriebnahme des "Rääße Pöntje". Musikalisch wirkte
die "Harmonie" ebenfalls bei der Eröffnung des Skulpturenparkes
in 2003, des Planetenweges in 2004 und der
begehbaren Sonnenuhr in
2008 mit. Besinnliche
Momente steuerte die "Harmonie" auch bei Gedenkveranstaltungen
des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge am Ehrenmal der Stadt
bei. Fröhlichere Melodien erklingen hingegen regelmäßig bei
Goldhochzeiten und Geburtstagen sowie bei dem Mai- und Weihnachtssingen
auf den Stationen des Krankenhauses oder des Agnes-Altenheimes.
1972 wurde das 100-jährige Bestehen des Chores im Festzelt auf dem
Marktplatz gefeiert. Aus diesem Anlass bekam der Chor die
Zeltar-Plakette verliehen.
Viele Konzerte
folgten in den nächsten Jahren im Pädagogischen Zentrum der
Hauptschule bevor 1991 das Bürgerhaus in Rees eingeweiht wurde. Beim
Festakt wirkte die Harmonie mit und veranstaltete gleichzeitig das erste
Konzert.
Anfang 1993 konnte Jürgen Otto als Chorleiter verpflichtet werden.
Am 28.03.1993 wurde Karl-Heinz Lehmann in einer Feierstunde
verabschiedet und zum Ehrenchorleiter ernannt. Nur 14 Tage später, am
08. April 1993 verstarb Karl-Heinz Lehmann.
1997 feierte der Chor sein 125jähriges
Bestehen. Es war sicher eines des schönsten und erfolgreichsten
Jahres des Chores. Schon während der Vorbereitung war der
Zusammenhalt innerhalb des Chores erkennbar. Die vielen
Auftritte aber auch die Erstellung der Festschrift verlangten
viel Idealismus der Sänger, des Vorstandes aber ganz besonders
war es für den Chorleiter viel Arbeit den Chor auf die
verschiedenen Auftritte vorzubereiten.
Am 27. Juni 2004 wurde das WDR 4 Hafenkonzert live aus dem
Bürgerhaus Rees gesendet. Die "Harmonie" erhielt viel
Beifall für die vorgetragenen Seemannslieder.
Nach der großen Flutkatastrophe am 2. Weihnachtstag 2004
organisierte die „Harmonie“ für den
27. Februar 2005 ein
Benefizkonzert im Bürgerhaus. Hieran nahmen vier weitere Chöre
bzw. Orchester aus Rees teil. Dem Ehepaar Stolle aus Rees; es
hat Verbindungen nach Sri Lanka; konnte ein Scheck über 3.000
€ überreicht werden. Hiervon konnte ein Fischerboot und
Mobiliar für ein Altenheim angeschafft werden.
Ein weiteres Benefizkonzert veranstaltete die "Harmonie" am 27.
April 2008 zu Gunsten der Tschernobyl Vereine Kleve und Rees im
Bürgerhaus Rees. Mitwirkende waren "Jopi" der Tenor Andre Budde,
Ferdi Hallen (Trompete) und die "Germania Tanzgruppe" Kleve. Der
Erlös von 5.600 € wurden beiden Vereinen je zur Hälfte
überreicht.
Zum 31.12.2010 trat unser Chorleiter Jürgen Otto auf eigenem
Wunsch nach 17 Jahren als Chorleiter zurück. Am 04.01.2011
wurde er offiziell verabschiedet. Gleichzeitig übernahm Thomas
Janßen das Dirigat mit dem die erfolgreiche Arbeit fortgesetzt
wird.
Am 31.12.2012 hat Herr Janßen auf eigenem Wunsch seine gute
Chorleitertätigkeit bei der Harmonie aufgegeben.
Seit dem 01.02.2013 hat Herr Norbert van Os
das Dirigat übernommen. Herr Janßen wurde am 26.02.2013
verabschiedet.
Leider hat Herr van Os am 31.12.2014
seine Chorleitertätigkeit wegen persönlicher Veränderungen beendet. Es waren erfolgreiche Jahre, da Er uns besonders in der Rhythmik gefördert hat. Herr van Os wurde bei unserer Adventfeier verabschiedet.
Ab dem 01.01.2015 wird Herr Manfred Ysermann als neuer Chorleiter fungieren. Zum Ende 2016 hat Herr Ysermann sein erfolgreiches Arbeiten mit dem Chor aus Altersgründen gekündigt. Er hat uns bis zur Findung seines Nachfolgers seine Tätigkeit zugesichert. Danach möchte Er seine Rentnerzeit genießen. Wir haben Herrn Ysermann am 18.04.2017 bei seinem letzten Probenabend dankend verabschiedet.
Ab dem 25.04.2017 wird erstmals in der Vereinsgeschichte eine Chorleiterin das Dirigat übernehmen. Wir haben mit Frau Cindy Gregoor eine erfahrene Dirigentin für uns gewinnen können und hoffen nun auf eine lange erfolgreiche Zusammenarbeit.
Das Jahr 2023 brachte für unseren Chor sowohl Freude als auch Trauer.
Leider müssen wir mit großer Trauer mitteilen, dass unser langjähriger 1. Vorsitzender Hermann-Josef Scholten am 03.03.2023 verstorben ist. Sein Engagement und seine Hingabe für den Chor werden uns immer in Erinnerung bleiben. Einen Nachruf für ihn finden Sie hier.
Kurz darauf ereilte uns eine weitere traurige Nachricht, als unsere geschätzte Wirtin des Probenlokals "Rheinterassen Rees" am 04.03.2023 verstarb. Das Lokal, in dem wir viele schöne Momente verbracht haben, konnte leider nicht mehr lange fortgeführt werden. Unsere letzte Probe fand dort am 23.05.2023 statt.
Ab dem 30.05.2023 setzten wir unsere Proben bis auf Weiteres im Kolpinghaus fort, und wir sind dankbar für die Gastfreundschaft, die uns hier entgegengebracht wurde.
Eine weitere Veränderung ergab sich, als unsere langjährige Chorleiterin Cindy Gregoor aus beruflichen Gründen die Chorleitung beendete. Am 22.08.2023 haben wir Cindy herzlich verabschiedet und ihr für ihre über sechs Jahre erfolgreiche Leitung gedankt.
Am 31.08.2023 trat Ekaterina Korotkova als ihre Nachfolgerin an. Wir begrüßen sie herzlich in unserer Chorfamilie. Die Proben mussten auf den Donnerstag verschoben werden, um den neuen Gegebenheiten gerecht zu werden.
In Erinnerung an die, die von uns gegangen sind, und mit großer Vorfreude auf die Zukunft unter neuer Leitung, setzen wir unsere musikalische Reise fort. |